Abzüglich jeden Mitleids
von MaryamSamara
Er fuhr mit dem Auto die Birke hinauf, die genau vor ihrem Zimmer stand in dem sie im Bett lag und ihn sehen musste, wenn er mit dem Auto ihre Höhe erreicht hatte. Das war sein Plan. Sie sollte ihn dabei sehen.
Sie lag in dem Zimmer ihrer Kindheit, das zu eine festen Bestandteil ihrer Selbst geworden war und schaute aus dem Fenster auf die Birke, die sie so liebte, ruhig und leer war ihr Zimmer und so war sie auch, als er schwerfällig mit einem Mercedes die Birke hinaufgefahren kam. Wie hatte er sie gefunden, woher konnte er wissen, dass sie gerade hier war und dass sie ihn sehen musste bei seinem Vorhaben. Ziemlich sicher, er konnte nicht wissen, dass das ihr Lieblingsbaum war und der letzte Ort, an dem es Frieden gab, ziemlich sicher.
Und doch kam er unaufhaltsam und voller Vorwürfe die Birke hinauf gefahren und wollte sie zwingen zu zu schauen. Sie ekelte sich vor ihm, vor dem Fehlen seiner Würde und der Gemeinheit seines Plans. Immerhin war er der Vater ihrer Kinder, wahrscheinlich wusste er deshalb, wo er sie finden konnte, erklärte sie sich immer noch im Bett liegend, sich nach außen hin ganz still verhaltend. Er hatte den Ast erreich an dem er aus der vertikalen scharf in die horizontale abbog und das Auto machte schwerfällig und voll düsterer Bedeutung mit. Darüber wunderte sie sich nur wenig, obwohl es durchaus klar war, dass Autos eigentlich nicht auf Bäumen fahren können, war so viel geschehen, was eigentlich nicht hätte passieren dürfen, dass es der Aufregung nicht wert war.
Er hielt genau vor ihrem Fenster und wusste, dass sie in diesem Augenblick hinausschauen musste. Deshalb zwang er sich, den Kopf nicht nach ihr herum zu drehen, um sicher zu gehen, dass sie ihn sah, das musste er einfach glauben, denn sonst wäre sein Plan nicht perfekt, auch wenn er so oder so seine Wirkung sicher nicht verfehlte, war es ihm ein persönliches Anliegen, dass sie es ganz genau sah.
Sie hielt die Augen geschlossen, auch wenn sie trotzdem sah, was geschah, hielt sie die Augen fest geschlossen, damit er, falls er noch einmal zu ihr hinüber schaute, sehen würde, dass sie nichts sah, dass sein Plan nicht aufgegangen war, dass sie es sogar verschlafen würde und auch diese Form von Zwang bei ihr nicht greifen konnte, als das Auto sich endlich in Zeitlupe überschlug und unendlich langsam nach unten fiel, um am Boden zu zerschmettern.
Ein sehr eindrucksvolles Bild ueber vergangene Liebe. Den like Button mag ich aber nicht drücken. Vielleicht weil ich weder Birken noch Benz mag.
Vielleicht weil das Ende so niederschmetternd ist.
es ist schön, dass du worte dafür gefunden hast. das ist manchmal schon das wichtigste. und wir schreiben ja nicht, nur damit die anderen es „wunderschön“ finden. es ist ein düsterer text, fast verzweifelt und doch irgendwie abgefunden.
Eines Tages wird sie die Augen öffnen, da wird noch immer die Birke sein und die Sonne und das Gras. Da wird sie erkennen, dass sie nicht mehr wegzusehen braucht, dass die Vorwürfe und alles, was nicht sein durfte, nur noch etwas sind, auf das man voller Trauer zurückblicken kann, das aber nun endgültig vorbei ist. Das hoffe ich. Innig.
o, liebe s, das sind schöne wünsche. es wäre wirklich sehr schön, wenn das so wäre, eines tages.
liebe s, ich werde dir schreiben, habe dir im kopf geschrieben…