Mary am Meer

Monat: September, 2010

Nächtliches Begehren

Anmerkung: Dies schrieb ich vor gut einem Jahr, viel bewegt hat sich für mich, in diesem Zeitraum nicht. Ich bin dem Geheimnis des Begehrens nicht wirklich näher gekommen, habe Schule und Familie entweder Priorität gegeben oder als Alibi benutzt. Aber ich bin immer noch davon überzeugt, dass unsere Verhaltensmuster, was das Thema „Liebe“ angeht, sehr wichtig für die Selbsterkenntnis des Menschen sind. Zuerst ein Spiegel und dann ein Schlüssel zu einer Tür der vielen Türen, in denen eine Antwort  auf die Frage „was die Welt zusammen hält“, zu finden ist. 


Für Gedankenanregungen, Perspektivwechsel, Kritiken, Korrekturen bin ich, wie immer dankbar!

Nächtliches Begehren
bei Nacht
Ist nicht meine Art nachts wach zu sein, ich bin so ein „mitdenHühnernzuBettundwiederaufsteh“ Mensch. Eigentlich.
Mein neues Ich oder vielleicht auch der Kaffee, den ich am Abend trank, lassen mich aber nicht schlafen. Sitz´ ich also hellwach, mitten in der Nacht und gucke gleich ne Folge Prison Break, auf Englisch, damit es legitim ist.
Geweckt hat mich mein Nachdenken, über das merkwürdige Verhalten von uns Menschenkindern, was Begehren angeht. Dabei fing ich an, einen Grundsatz aufzustellen, der immer größere Ausmaße annahm.
„Der Mann, den eine Frau trotz seines Interesses an ihr noch begehrt, muss über die Maßen hinaus begehrenswert für sie sein!“ 
Wie oft habe ich im natürlichen Lebensraum (ok darüber lässt sich natürlich streiten) der Menschen beobachten können, dass ein weibliches Wesen ein männliches Exemplar nur solange interessant findet, solange er sich nicht übermäßig interessiert. Aber wehe ihm, er zeigt wirklich Interesse!
So als wäre sein Begehren und ihres, beide positiv geladen und stießen sich gegenseitig ab (ha, die verkannte Physikerin in mir, ist also nachtaktiv). Dieses sonderbare, weibliche Verhalten wird eigentlich nur noch von der schwarzen Witwe übertrumpft, die ihren Mann nach dem Sex, kurz und hoffentlich schmerzlos, auffrisst.
Aber nach einer Weile, dachte ich: (Häää?) Aber warum eigentlich nur weiblich? Was ist mit dem Jagdinstinkt der Männchen? Da ist es doch genauso. Eine Frau ist solange das Endziel allen Begehrens, solange er sie nicht in der Tasche hat, soll heißen: Solange sie sich nicht auch hoffnunslos in ihn verliebt und mit emotional-unkappbaren Ketten an ihn gebunden ist, ersatzweise auch an seine Geldbörse. Muss er sie dann jeden Tag sehen, verliert selbst das hübscheste Gesicht, der schönste Körper seine Besonderheit und dann ist es die nächste, die verspricht, was er sich verspricht, könnte er sie doch nur erreichen…
Als ich mir das ne Weile durch den Kopf gingen ließ, wurde mir klar, dass wir wirklich bescheuert sind! Und es wurde mir klar, dass wir zwei Möglichkeiten haben mit diesem, ich nenn es jetzt mal Problem umzugehen:
1. Wir warten auf denjenigen, der so besonders ist, dass er seinem eigenen Interesse standhalten kann.
2. Wir durchbrechen den ganzen Schwachsinn und fangen an zu begehren, wen wir wollen und zwar nichtweil er uns nicht will, sondern weil wir ihn/sie toll finden, uns die nähe zu x wünschen und sie uns auch zu gestehen (das beinhaltet noch zusätzlich das Durchbrechen, diesmal wirklich typisch weiblichen Verhaltensmuster des „aber ich bin doch viel zu…!“setzt ein was immer ihr wollt).
Die meisten entscheiden sich für Nummer eins.
Ist ja auch viel kürzer.
Solange wir auf irgendetwas hoffen dürfen, aber es nicht bekommen oder aber bekommen und dann nicht mehr wollen und sofort etwas anderes finden, auf das wir hoffen können, haben wir keine Lust zu sterben.
Jetzt guck ich Prison Break, wo alles schön einfach ist, weil sich die nette Gefängsnisärztin (die natürlich die Todesstrafe ablehnt) und der heldenhafte Retter seines (natürlich zu Unrecht) zum Tode verurteilten Bruders auf Anhieb begehren. Ganz einfach…. wenn ihre Liebe nicht unmöglich wäre, weil naja, er eben nur ein Gefangener (zum Glück nicht seiner eigenen menschlichen Verhaltensstörungen) ist.
Weiter gehts mit der Frage, ob und was einen Menschen über die Maßen besonders macht und warum wir es persönlich nehmen, wenn nicht wir das sind.
Nächtliches Begehren
bei Tage

Was macht nun bestimmte Menschen besonders für uns oder eben nicht?
Für Definitionen und Zauberformeln bin ich offen und dankbar. Ich jedenfalls kenne sie nicht, merke nur immer wieder, wie ich plötzlich total oberflächlich werde, wenn ich mir erklären möchte, wer wen warum will (by the way, das war eine Allitariation, die eine fragende ratlose Stimmung erzeugen möchte, nur so, damits die Nachwelt einfacher hat).
Meine Begründung hat meist etwas mit Aussehen zu tun. Dabei halte ich mich eigentlich gar nicht für oberflächlich, wenn es jedoch um Begehren geht, dann vergleiche ich Menschen, als wären sie Puppen; sprechende Puppen.
Denn die Wichtigkeit, des was und wie derjenige sich äußert, zur Bestimmung der Anziehungsstärke, ist mir schon lange aufgefallen.
Erster Blick: erste Einschätzung. Dann der verbale Blick: zweiter Eindruck, der den ersten um 180 Grad ändern kann.Wie viele fand ich schön, bis sie den Mund aufmachten und wieviele nicht, bis sie den Mund aufmachten?  Aber worauf ich hinaus will, ist noch mehr als das, denn nicht jeden, den ich schön finde, finde ich begehrenswert. Das geht wohl jedem so? (Meine Freunde wundern sich übrigens, dass ich mich darüber wundere.)
Ist das Geheimnis am Ende wirklich der Geruch, auch Chemie genannt, wie es in dem „Parfum“ thematisiert wird? Oder ist es die Ausstrahlung, aus was auch immer die zusammengesetzt sein soll?
Vielleicht all das insgesamt, plus etwas, das ich nicht benennen kann, weil es so subtil und feinstofflich ist. Ich fragte mal jemanden, auf den viele Frauen standen und der trotzdem meinte, mich zu begehren: „Aber warum?“ Ich wollte es wirklich wissen. Er fand die Frage doof und meinte: „Da gibt´s kein warum, es ist einfach so.“
Das genügte mir. Fünf Minuten genau. „Es ist einfach so“, ist eine Antwort, von der ich weiß, ich sollte sie  akzeptieren, aber es nicht kann, weil ich es nicht mag, weil es zu einfach ist, weil wir Menschen fragende Wesen sind, weil ich wissen will wieso!
Eine andere Frage ist, warum wir es so persönlich nehmen, wenn derjenige, den wir begehren und nicht auf die gleiche Weise begehrt, dafür habe ich ein Erklärungsmodell gefunden:
Bei Tage betrachtet ist es eigentlich totaler Blödsinn, sowas persönlich zu nehmen und seinen Selbstwert deshalb herabzusetzen oder in Frage zu stellen; eigentlich. In Wirklichkeit aber trifft es uns, bis ganz in die Tiefen unserer Seele, weil wir den anderen zum Richter über uns selbst gemacht haben. Wie´s ihm gefällt, so will ich sein, wie nicht, so nicht. Und wenn er uns dann immer noch nicht begehren kann, dann können wir wohl nicht begehrenswert sein.
Gibt es effektivere Wege sich selbst im Weg zu stehen? Ich glaube, nein. Zum Glück können wir uns für andere Wege entscheiden, als die der „unerreichbaren Liebe“, „unerwiderten Liebe“, „ungenügenden Liebe“.
Wie man diesen Weg findet, weiß ich noch nicht, aber es hat was mit Seelenpflege zu tun, mit Augen zu kneifen und ganz fest wünschen, Augen aufmachen und loslassen, da bin ich (fast) sicher.

Auf Lehramt!

Die Überreichung der Eintrittskarte in die Uni rückt, erschreckend schnell näher. Und ich weiß noch immer nicht genau, was ich damit machen soll,  es gibt so viel, das mich interessiert.
Deshalb versuche ich abzuwägen, eine Balance zu finden, zwischen eigenen Talenten und finanzieller Sicherheit. Oder anders ausgedrückt: Welcher Beruf vereint meine Brötchen und Interessen optimal?
Viele der geisteswissenschaftlichen Studiengänge gelten als brotlos, von den künstlerischen ganz zu schweigen! Der einzige Weg, den Beruf ihrer Wahl mit gesichertem Einkommen studieren zu können, trägt für einige den explosiven Zusatz „auf Lehramt“, also ein Angebot einen Packt mit dem Teufel zu schließen. Um eine Freundin zu zitieren: „Lehrer hört sich an wie Vorhölle!“

Damit wir uns richtig verstehen: Ich habe wirklich Respekt vor Lehrern. Unter ihnen befinden sich nämlich humanistische, unterbezahlten Idealisten unserer Gesellschaft.  Werden diese aber, durch jahrelangen Erfahrungen mit bildungsresistenter Generationen desillusioniert, dann sind sie irgendwann nur noch verbitterte, unterbezahlte Zyniker unserer Gesellschaft.

Und nicht jeder, egal wie idealistisch, eignet sich für diesen Beruf. Um ein guter Lehrer sein zu können, muss man ein gewisses autoritäres Wesen in sich tragen.
Schüler sind nämlich wie  Löwen; sie riechen deine Unsicherheit und dann fressen sie dich. Auch in der Erwachsenenbildung ist es nicht anders. Lehrer, die sich nicht Respekt verschaffen können, werden einfach nicht respektiert, Leistungen bekommt nur der Lehrer zu sehen, der auf diese besteht.

Wie diskutierten einmal in Philosophie darüber, ob ein Lehrer durch seine Tätigkeit des Lehrens  automatisch über den Schülern stehe, die Kollegiaten und der Lehrer selbst fanden, dass es nicht so sei. Ich vertrat natürlich (wie sollte es anders sein) die andere Position. Auch wenn ich mich weder vor einem Lehrer auf dem Boden werfen, noch ihm irgendetwas blind glauben werde, so hat er doch meinen Respekt, als jemand, der mir etwas beibringt und steht in dieser Sache über mir. Meiner Meinung nach ist die völlige Abschaffung von Autoritäten ein Fehler. Der Mensch braucht Halt.
Deshalb bin ich noch lange nicht, für die Wiedereinführung des Rohrstocks und in der Ecke stehen. Aber mehr Lehrer, die sich trauen, wirkliche Führungspersonen zu sein, wäre schon ganz angenehm.

Zu dominant sollte ein Lehrer natürlich aber nicht sein, auf keinen Fall sadistisch veranlagt. Jeder, der einmal die Schule besucht hat, weiß, was für ein Lehrertyp das ist:
Derjenige, der nur Lehrer geworden ist,weil er nicht Diktator werden konnte. Der es heimlich, unheimlich genießt, Noten nach seinem Belieben zu verteilen. Solche Typen findet man ebenfalls unter Polizisten, Richter und Beamten allerlei Ämter.

Auf Lehramt zu studieren, scheidet für mich also definitiv aus: Mein Idealismus steht unter Artenschutz, soll  gehegt und nicht zertrampelt werden und meine autoritäre Ader leidet unter niedrigem Blutdruck:
Tut mir leid, da ist nichts zu machen!

Kurz über Worte

Worte werden im allgemeinen maßlos überschätzt. Wir verfallen immer wieder der Vorstellung, dass wir nur die richtigen Worte finden müssten, um die Welt so zu gestalten, wie wir es wünschen. Ob nun in der Liebe, Politik, Religion, Schule…Wir glauben, dass wir jeden mit den richtigen Worte überzeugen könnten, von unserer Sache.

Wir erwarten einfach zu viel von Worten. Und ich bleibe dabei, dass sie sicher wichtig für die Selbstidentifikation des Menschen sind, definieren wir uns doch als das Wesen mit dem aufrechten Gang und einer komplexen Sprache, aber das Wichtigste können sie nicht ausdrücken. Jeder, der schon einmal verliebt war (also alle außer ich) kennen das Gefühl, ihre Gefühle nicht wirklich in Worte packen zu können, egal mit wie viel Hyperbeln sie es vollknallen, es kommt einem immer noch untertrieben  oder nicht treffend vor. 

Herbst, Phallussymbole und Heldin





Ich habe es nun auf Papier, der Herbst ist da. Rot auf gelb. Dieses Blatt irrt nicht. Und ich vermute, dass ich es  gar nicht so schrecklich finde, wie ich tue. Irgendwie gehört es zum Pflichtprogramm, die Nase zu rümpfen und sich gegen das Unvermeidliche zu stellen. Uns Verwöhnten fällt es schwer, zu akzeptieren, dass das Leben seine eigenen Regel hat und sich nicht immer nach unseren Wünschen richtet. 

So als hätten wir immer noch nicht verstanden, dass wir das Schöne nicht mehr schätzen können, sobald wir zu viel davon haben, dass wir abstumpfen, bis wir von einer Rinde der Gewöhnung umgeben sind und das Schöne außergewöhnlich schön sein muss, um und unter unsere Verholzungen zu erreichen. Manche suchen dann auch das besonders Schreckliche… Hauptsache uns erreicht noch irgendwas.

Und was glaubt ihr, warum basteln wir an unserem eigenen Drama, als wäre es  ein Streichholzhaus, ganz vorsichtig, um ja nichts zum einstürzen zu bringen? Ist es nicht, damit uns unser Leben nicht so bedeutungslos vorkommt?? 
In wie vielen Büchern/Filmen wurde dem Helden versichert, dass er außergewöhnlich außergewöhnlich, etwas ganz besonderes sei? Und würden wir uns in jemanden verlieben, der zu uns sagen würde: „Ich finde dich durchaus durchschnittlich, gutes Mittelmaß.“, oder den wir für genau das halten? Ich jedenfalls nicht. Und entweder bin ich durch die Medien romantisch verseucht oder die Medien greifen nur den menschlichen Wunsch auf, auf irgendeine Weise besonders zu sein.

Aber mal was ganz anderes…jetzt habe ich schon zum zweiten mal gehört, dass Kirchtürme Phallussymbole wären, Demonstrationen männlicher Macht. Es wurde sich sogar auf Schopenhauer bezogen. Ich bin noch alles andere als überzeugt und lache amüsiert in mich hinein. Was hätte man denn sonst bauen können, was hoch oben ist, damit die Glocken möglichst weit zu hören sind und man seine Schäfchen schon von Weitem sehen kann?  Und was ist mit Leuchttürmen?? Noch besser: Moscheen? Das ganze gleich zweimal?? Was soll das nur bedeuten?

Und nochmal..: Themawechsel: 
Heute war ich Zeuge, wie eine junge, schöne Frau, die einen Mantel und einem großem Tuch trug, von zwei  älteren Frauen angemacht wurde. Naja eigentlich nicht angemacht, sondern schlimmer: Sie standen neben ihr und lästerten über sie: „Guck mal die… sowas ist in Frankreich verboten!“ Die Hübsche, deren braunes Tuch vorzüglich zu ihren blauen Augen passte, lächelte ihnen zu und sprach mit engelsgleicher Stimme: „Warum reden Sie denn nicht mit mir? Ich stehe doch neben Ihnen? Außerdem stimmt das gar nicht, das ist in Frankreich gar nicht verboten!“
Ich näherte mich, bereit den Omas mit meiner Tasche eines über den Kopf zu hauen (Achtung, nicht ernst gemeint).
Sagt die eine: „Man wird doch wohl sagen dürfen, dass sowas in Frankreich verboten ist!“
Antwortet die mittlerweile persönliche Heldin meines Tages: „Ja, aber man redet doch nicht über jemanden, der direkt neben einem steht! Und außerdem stimmt das gar nicht…“ Aber die beiden Feiglinge wollten gar kein Gespräch mit ihr, sondern nur einmal ablästern, sie verschwanden für ihr Alter erstaunlich schnell. Ich wünsche ihnen, dass sie sich für den Rest des Tages in die Ecke stellen und schämen!

Schwarz-weiß



Schwarz-weiß mag auf Fotos schön aussehen, in den Köpfen der Menschen ist es jedoch eine ernst zunehmende Krankheit. „Wir sind die Guten, die anderen die Bösen“, ist das Gute-Nacht-Lied, mit dem man Erwachsene in den Schlaf singt und einen Augenblick Ruhe in ihre ängstlichen Herzen bringt.


Und egal wie kritisch du bist, wie sehr du dich bemühst gerecht zu sein, wird am Ende herauskommen, dass du die Gute bist und die anderen, die Bösen, die die nicht verstehen wollen, die die nicht sehen können. Recht zu haben ist ein urmenschliches Bedürfnis, das daraus entsteht, dass wir glauben unser Selbst würde angegriffen, wenn wir Unrecht hätten oder Angst haben, wir wären nicht mehr liebenswert. 
Ich kann mich noch an das Gefühl erinnern, wenn meine Mutter sauer mit mir war, weil ich etwas falsch gemacht hatte. Es war ein schreckliches Gefühl, ums Herz wurde es eng und der Bauch krampfte sich zusammen. Erst wenn mir verziehen wurde, wollte ich wieder sein. Und wenn sie mich um Verzeihung bat, dann kam ich mir geliebt vor. 


Vielleicht ist es uns deshalb so wichtig, Recht zu haben, fühlen uns immer lieber als derjenige, der missverstanden wurde, dem Unrecht getan wurde, sind Opfer statt Täter, haben nicht den Mut zu sehen, wem wir weh getan, verurteilt, nicht zugehört haben. 

Die Hippies und das Alter

Wo sind eigentlich all die Hippies hin? Habt ihr euch das schon mal gefragt? Sie müssten nach meiner Rechnung jetzt um die 66 Jahre (oder älter) sein. Auf der Straße laufen aber nur dieselben dauergewellten Omas und bundfaltenhosentragenden Opas herum, wie seit je her. So als würde das Alter den Menschen eine universelle Uniform aufzwingen. Hippies in grauen Anzügen, kurzen Haaren und vor allem verbitterten Gesichtern. Das Altern scheint wenigstens hier zu Lande kein Vergnügen zu sein, vielleicht aber auch konzentriert sich die Aura eines Menschen aber auch nur im Alter und wird nicht mehr so leicht geblendet von Äußerlichkeiten.

Heute morgen, ging ich, gerade meine U-Bahn verpassend, an einem älteren Herr vorbei, der ratlos vor dem Fahrkartenautomat stand. Ich dachte mir nichts weiter vorbei, hörte aber, wie er ein älteres Ehepaar auf Englisch nach Hilfe fragte, die ihm antworteten, dass sie sich auch nicht auskennen würden. Mir schien eher, dass sie kein Englisch konnten, denn sie antworteten in Deutsch. Also ging ich zurück: Can I help?
Und ja, ich konnte. Es war gar nicht so einfach, das richtige Ticket zu wählen, den Automaten zu finden, der Scheine annahm, dann den Automaten dazu zu bringen den Schein auch zu fressen, zu wissen, dass man ihn noch entwerten muss und zum Schluss noch die richtige Richtung (nach Checkpoint Charlie) zu entdecken. Aus seinen Augen betrachtet war das, was für mich kinderleicht ist, verwirrend. So ist es mit allen Sache. Kompliziert ist das, was wir nicht kennen.

Durch die ganze Sarrazin-Debatte wurde mein Gewissen wieder einmal gegen meinen Willen politisiert. Dabei schaffe ich es aber immer besser, das Gefühl abzuschütteln, die Welt bräuchte mich, damit sie sich in Harmonie weiter drehen kann.

Ein älterer, grauer Herr sah mich heute bei H&M abschätzig an und seine Mimik sprach Bände, sowas habe ich, seit ich mein Tuch abgenommen habe, nicht mehr erlebt. Ein gemeinen Gedanke ging mir durch de Kopf, als er mich so ansah. Ich dachte: Die Zeit regelt das schon, bald werden wenigstens diesen alten Nazis ausgestorben sein.

To my Jewish friends-Happy Rosh Hashana. 
To my Muslim friends-Happy Eid. 
To my atheiest friends-Happy Thursday.                                                                 






                                           Maz Jobrani
                                  http://www.mazjobrani.com/

Rosh Hashanah und Eid Mubarak


שנה טובה ומתוקה        عيد مبارك


Das jüdische Neujahrsfest beginnt heute Abend nach dem Sonnenuntergang, sowie für viele Muslime das Zuckerfest (manche nennen es auch: Das große Fressen).
Das Treffen dieser beiden Feste scheint eine wunderbare Gelegenheit sich gegenseitig zu gratulieren oder wenigstens ein paar Tage mit den Schießereien aufzuhören. Das Wort Frieden, der viel mehr ist als die Abwesenheit von Krieg, wage ich gar nicht in diesem Zusammenhang zu benutzen, denn ich bin nicht naiv (oder nur ein bißchen).

Ich glaube an Frieden, aber vor allem an einen persönlichen Frieden, den jeder für sich selbst erlangen kann. Mahatma Gandhi sagt: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“

Erst wenn das jeder tut, dann wird sich die Welt verändern (ob das überhaupt möglich ist, sei dahingestellt). 
Solange das nicht eintritt, wird die herrschende Regierung das Maß für Frieden und Gerechtigkeit sein. Wenn diese es duldet oder befürwortet, dass eine bestimmte Minderheit, als Projektionsfläche für negative Assoziationen dient oder die Angst noch bewusst gefördert wird, dann wird die Masse nichts davon abhalten, auf die „Feinde“ loszugehen. Das hat noch überall funktioniert und der Gedanke, dass die starke Abneigung dieses Verhaltensmuster nur auf meine persönliche Betroffenheit zurückzuführen sein könnte, behagt mir nicht. Dazu definiere ich mich zu sehr über die Liebe zur Gerechtigkeit.

Aber es ist wichtig, um den Hass zu verstehen, sich bewusst zu werden, warum ich ihn aus meiner Position nicht verstehen kann; hatte halt noch nie einen Grund zu hassen. Ich wurde geliebt und die Umstände unter denen ich aufwuchs waren behütet, mal abgesehen davon, dass wir Menschen in Deutschland, materiell zumindest, verwöhnt sind.

Deshalb werde ich mich hüten, naseweiß, verständnislos den Kopf zu schütteln, über die, die einander hassen, bekämpfen, sich gegenseitig den Tod wünschen. Ich werde mich hüten, Urteile abzugeben. 

Das einzige, worauf ich mit den Fingern zeige, sind die Machthaber, die den Hass der Menschen als Brennmaterial benutzen und immerzu kräftig Öl ins Feuer gießen. Keine Mutter könnte sich über den Verlust einer anderen Mutter freuen, wenn sie Gelegenheit bekäme, die andere als Mutter wahr zu nehmen. 


Wir feiern also zwei Feste die Tage….

Augenblick

Ein Blick, ein Lächeln. Quietschgelbe Paralellwelten. Von Augenblick zu Augenblick. Von Bahnhof zu Bahnhof. Suche ich Menschen, die mir gefallen. 

Bitte zurückbleiben. Rote blinkende, warnende, Lichter. Passt auf eure Hände und Herzen auf!
Ein kleines Mädchen, drei vielleicht, winkt und ruft: Tschüß U Bahn, Tschüüüß Ubahn. Köpfe drehen. Lächeln. Wie süß. Nächste muss ich aussteigen. Ich wünsche, ich würde dabei auch winken und Tschüß Ubahn rufen. Statt dessen muss ich grinsen. Ich wäre sogerne, ein wenig mehr verrückt.