Mary am Meer

Monat: Dezember, 2010

2011-magisches Jahr


Quelle

Silvester war mir noch nie wirklich wichtig, weil ich mein Leben lang den Mondkalender für den richtigen hielt, die Knallerei wirklich schwachsinnig fand (und finde) und zu guter letzt, weil ich immer automatisch in Trotzhaltung ging, wenn die Masse meinte irgendetwas ganz wichtig und toll zu finden. Dahinter steckt natürlich eine skeptische Haltung der Gesellschaft gegenüber. Und die habe ich nicht abgelegt, der Sicherheitsabstand zwischen mir und dem als Normalität verkleideter Wahnsinn, soll weiterhin bitte unbedingt eingehalten werden!

Nichts desto trotz fange ich an, dem Jahreswechsel Bedeutung zu schenken. Was bleibt sonst noch an bedeutsamen Daten, die von einem Zustand in den anderen überleiten? Mir fehlen unsere alten Rituale, ohne das ich sie genau  kennen würde und meine, ich wiederhole mich, es würde uns besser gehen, wenn wir unsere Rituale gewahrt hätten.
Aber ich werde keine Raketen in die Luft schießen, die nur meinem Herzen und meinen Ohren weh tun würden, und es nicht einmal schaffen, meinen Augen Freude zu bereiten.

Ich wünsche mir, ich könnte auf einem Berg stehen und ein Lagerfeuer machen, würde die Sterne sehen, die die Stadt sonst verschluckt. Von dort würde ich auf mein Leben schauen können und mir für meine Lieben und mich gute Dinge für nächste Jahr wünschen. Keine neuen Vorsätze, die nur erfunden wurden, um uns ein schlechtes Gewissen zu machen.
Nein – Wünsche, weil ich das Gefühl habe, dass auch wenn das Leben keine Wunschmaschine ist, sie doch sehr wichtig sind, um uns in die richtige Richtung zu lenken, und wenn vielleicht nur, um zu erkennen, dass es nicht die richtigen Wünsche waren.
Ich stehe dort oben und schaue in den Himmel und bin „connected“, wie man heute gerne sagt, verbunden mit etwas, das ich nicht benennen will, weil die Namen nur stören, in diesem Moment.
Verbunden denke ich an mich und ich weiß, was ich will. Dann an meine Familie und ich weiß, was ich für sie will. Und dann an all die Menschen, die ich kenne und mag, schicke ihnen Blanko-Wünsche, für jeden einen. Und dann denke ich an alle Menschen, als kollektiv, als Teil meiner Selbst, in Verbundenheit.
Besonders aber denke ich an jemanden, der mir sehr nah steht und die fest daran glaubt, dass ich Zauberkräfte habe und wünsche uns:

Ein glückliches, erfülltes neues Jahr, mit viel Lachen
und Tränen nur, weil es so schön ist oder uns berührt. Geweint haben wir genug.
Jetzt kommen die Jahre der Ernte, des Erfolgs. Alles, was du anfasst, verwandelt sich zu Gold. Jeden, auf den du deine Liebe richtest, verfällt dir in Liebe. Deine Bilder, die du in deinem Herzen trägst, werden geboren werden, in diesem Jahr. Vielleicht genau, wie du es dir erträumtest, vielleicht auch auf andere Weise. Aber sie finden ihren Weg in die Welt!

Wir müssen es uns „nur“ eingestehen, habe ich dir gesagt.
Und 2011 ist unsere magische Zahl, in der wir in den Spiegel sehen, uns erkennen und endlich aufhören, davon zu rennen.
Du maltest es schon in bunten Farben aus und auch wenn ich dir widersprach und meinte, dass doch darin nicht das Glück liege, ziehe ich den Einwand zurück. Lass es uns einmal diesen Weg gehen und fest daran glauben, darin läge unsere Bestimmung.
Dieses Jahr lerne ich von dir, mich hinzugeben und du von mir,  loszulassen: Wir werden uns gegenseitig befreien:
Der Fluch der über der Schwachen lag, ist gebrochen. Der Fluch, der über der Starken lag, ist gebrochen.

Schau, Schwesterherz – in den Himmel – dort oben, da unten! Die Sterne explodieren und die Welt liegt uns zu Füßen. 2011!

Und ich wünsche euch, die ihr hier lest, alles Gute im nächsten Jahr. Liebt, wo immer es etwas zu lieben gibt – lebt 2011.

Schnee-Weg

 „So friedlich, so weiß!“, sagen die Leute und sehen  dabei für einen Moment fast glücklich aus. Sie meinen den Schnee, der alles bedeckt und ich verstehe genau, was sie meinen.
Man muss Schnee einfach mögen, der obwohl grausam kalt, eine Reinheit ausstrahlt, die diese Welt nur noch aus Märchen kennt. 
Er schneit, und plötzlich ist das dreckigste Loch zauberhaft schön. Und niemand fragt mehr, was darunter liegt. Decke es zu, schöner Schnee, verzauber uns! Zeig uns das Bild einer heilen Welt. Lass uns für eine Weile vergessen. 


Wir bevorzugen den Schnee-Weg – überschneit – zugedeckt und dann irgendwann, würde die Sonne des Frühlings den Schnee mit allem Dreck wegtauen und gänzlich Neues hervorbringen. „Second Chance“ für alle. 

Verzeiht, meine pessimistischen Gedanken zum Schnee, eigentlich nicht zum Schnee, sondern zu dem, was er bedeckt.
Echte Ruhe und Frieden kann er bringen, wenn er Wälder und Wiesen und alles was auch ohne ihn schön wäre beschneit. Wenn er jedoch nur zudeckt, was wir nicht sehen wollen und uns dadurch Frieden bringt, dann ist es ein Scheinfrieden, der uns zu Scheinlebenden macht.
Und wenn ihr (und ich) es schaffen dieses Bild vom Schnee auf uns selbst zu übertragen, dann können wir vielleicht durch den Winter gehen und mehr echte Gefühle haben, anstelle der Sentimentalitäten, die so typisch sind, für diese Jahreszeit.  Ich möchte diesen Winter hassen lernen.

Stumm

Es fehlen mir die Worte – sind einfach ausgegangen.

Wer bringt sie mir zurück?
Spricht, wenn ich nicht kann?
Gibt Schutz, wortlos wie ich bin?

Jemand

Kalt, der Wind da draußen,

wie soll ich bloß – den Winter überstehen?

„Hast ein Dach über´m Kopf!“ sagt jemand und dieser jemand bin ich selbst.

Rote Wangen, U-Bahn sitzend,

wie kann ich mich – den Blicken nur entziehen?

„Entzieh dich nicht!“, meint jemand und dieser jemand bin ich selbst.

Einsam unter Menschen,

wo anders- könnt ich wohl hingehen?

„Einsam bist du nur in dir!“, spricht jemand und dieser jemand bin ich selbst.

Ich seh´ verliebte Paare, will nicht mehr – alleine weitergehen!

Und sag jetzt nicht: Ich müsst es mir nur wünschen oder eingestehen!

Sag jetzt nicht: Es sei mein Stolz, meine Angst, mal offen hinzusehen!

Höre einfach einmal zu und sag: „Ich kann dich wirklich – wirklich gut verstehen!“

Gestank

Letztes Jahr bemerkte ich, dass durch die Bettelei in U -Bahnen das Mitleid systematisch abgelutscht würde. Dieses Jahr ist es fast schon so weit. Die Vorweihnachtszeit, Hauptsaison der Bettler und Straßenmusikanten, hat es nicht geschafft, die Leute zumindest temporär großzügiger zu machen. Alle haben die Nase voll und ich glaube, dass Hauptproblem besteht darin, dass die Menschen sich betrogen vorkommen.
Die Geschichten über den Mercedes Benz mit dem der angeblich Arme nach der Arbeit nach Hause fährt, hat die Menschen skeptisch gemacht. Mir fällt es trotz Zweifeln (ob derjenige wirklich bedürftig sind) schwer, an jemanden vorbeizugehen, der sich selbst erniedrigt, kniend die Hände ausstreckt. Ich stelle mir vor, was wäre, wenn derjenige wirklich arm ist (oder seine Familie) und niemanden mehr findet, der ihm etwas gibt, weil ihm niemand mehr glaubt. Vielleicht ist das wirklich naiv, in einem Land in dem es Suppenküchen gibt und Hunde&Katzen besser essen, als der Rest der Welt.

Mein Vater zum Beispiel hält es fast für eine Sünde, hier jemanden etwas zu geben, da er sich sicher Drogen damit kaufen würde. Ich frage mich, ob es ihm helfen würde, wenn ich ihm kein Geld dafür geben würde und ich glaube kaum. Und wenn ich etwas dabei habe, was ich entbehren kann, dann gebe ich etwas. Noch nie hatte ich das Gefühl, dass ich dadurch etwas verliere. (Mit der Ausnahme, als ich einmal danach zum Einkaufen keinen Euro mehr hatte, um den Einkaufswagen loszumachen; als mir dann die Arme an der Schlange vor der Kasse fast abfielen, da verfluchte ich für einen Moment meine „Freigiebigkeit“.)
Nur in der U-Bahn selbst gebe ich nicht gern, weil ich finde, dass das an Nötigung grenzt. So eingeschlossen in dem gelben Kasten, gesehen von allen Leuten. Und ich lächle (meist), obwohl ich am liebsten sagen würde: 
Ich mag jetzt kein (eigentlich nie) Akkordion hören. Aber ich wäre viel zu feige, so etwas zu sagen und ich lächele, weil Mohammed gesagt haben soll, dass auch ein Lächeln eine gute Spende ist. 
Aber heute kam jemand herein über den niemand lächeln konnte, auch ich nicht (und jetzt komme ich zu dem, was ich loswerden möchte). Es war das zweite mal in meinem Leben, dass ich ihn traf und er wird einer der Personen sein, dessen Name ich nicht einmal kenne und nicht kennen will, aber den ich wohl nicht vergessen werde. Denn er stank so fürchterlich, dass sich die Menschen die Hände vor das Gesicht schlugen. Ich wusste nicht, dass Menschen so stinken können! Ich konnte ihn mir beim besten Willen nicht in einem Mercedes davon fahren vorstellen.
Es war fürchterlich. So riechen wir also, wenn wir nicht duschen, dachte ich. Aber ich glaube es war noch mehr, als das. Ein Fuß trug keinen Schuh und er erzählte, dass sein Fuß entzündet sei. Ich schaute in sein Gesicht und erinnerte mich an sein Gesicht, seine Augen und daran, dass ich letztes Jahr schon dachte: „Er lebt nicht mehr lange!“ Die Distanziertheit mit der ich das dachte, erschreckte und faszinierte mich, es war eher wie eine Tatsache, gegen die es nicht lohnt aufzubegehren. Er sah so aus, als hätte er sein Leben schon lange gegen eine Traumwelt eingetauscht und roch dazu mehr tot als lebendig.
Trotzdem traf ich dieses Jahr wieder und er stank noch genauso wie damals. 
Ich gab ihm zwei Euro (was für mich viel ist), weil ich wollte, dass er verschwände und sich niemand sonst rührte. Es war keine Großzügigkeit meinerseits und ich fühlte mich auch nicht mit ihm verbunden. Wie schnell mir ein Mensch nicht mehr menschlich erscheint. 
In der Schulbibliothek habe ich viele Bücher von Erich Fromm entdeckt, in dessen Gedanken ich mich ein wenig verliebt habe. Verliebt soll heißen, dass er das so gut beschreibt, was ich selbst gedacht habe und mich aufgrund der Ähnlichkeit meiner eigenen Gedanken entzückt. Müsste ich nicht eigentlich nach fremden Gedanken auf der Suche sein, um frischen Wind in meine zu bekommen? Und ich glaube, dass bin ich auch, aber es beruhigt mich, wenn jemand wie Erich Fromm Dinge formuliert, die ich auch so empfinde.

Famine – Sinéad O’Connor 1996

Sich-Selbst

Das geht doch gar nicht…sich selbst verlieren. Ohne allzu spitzfindig sein zu wollen: Wir würden es wohl kaum mitbekommen, wenn wir uns selbst verlieren würden, weil wir ja dann weg wären. Was meine ich also damit, wenn ich es sage und manchmal auch so fühle? Bestehen wir aus vielen „Selbsts“ oder aus einem echten, das unter vielen Schichten aus falschen verloren gehen kann?? Ich tendiere zu der Zwiebel-Shrek-Theorie. Wenn wir sagen, wir hätten uns verloren meinen wir, dass wir gar nicht mehr wissen, wer wir ohne die Masken der Anpassung, Schutzmauern und Tarnkappen überhaupt wären (wobei zu klären wäre, ob es so etwas wie ein unverfälschtest Selbst überhaupt gibt) . Es gibt wohl nicht fragileres als der Mensch. Und schon bin ich wieder gerührt und habe Mitleid mit uns armen Menschen, der Plage dieser Welt. Ihr kennt sicher den Witz mit dem zwei Planeten, die sich treffen. Sagt der eine zum anderen: „Du siehst aber schlecht aus!“. Der andere:“ Ja, mir geht’s auch nicht gut, ich habe Homo Sapiens.“ Sagt der erste: „Mach‘ dir nichts draus, das hatte ich auch mal, das geht vorbei!“

Die Zeit des Nationalsozialismus lässt mich nicht los, und ich bin dankbar, dass wir es so ausführlich in der Schule durchnehmen, auch wenn es mir schwer fällt, meine Gefühle zurückzudrängen und das Ganze mit Abstand zu betrachten. Etwas in mir möchte vergehen, wenn es Bilder aus der Zeit sieht, Reden hört, Texte liest. Und auch wenn ich nicht weiß, ob es „nur“ meine anerzogenes Mitleid ist, kann das als mein wahres empfundenes Ich es nicht ertragen so ohnmächtig, zum Beobachten verdammt zu sein. Es hat für mich gar nicht so viel mit Deutschland zu tun, es ist hier passiert, aber es hätte wohl fast überall funktioniert.
Was mich so sehr schockiert ist, wie man Menschen blenden kann, wie manipulativ und feige wir sind. Ich schaffe es nicht, zu akzeptieren, dass wir so sind.

Und ich träume immer wieder, dass ich mich verstecken muss, und wie ich versuche in Häusern unentdeckt zu bleiben. Ob die Angst vererbt werden kann?

Aber um noch einmal auf das Selbst zurückzukommen, egal wie viele es nun davon gibt, eines muss uns klar sein: Unsere Essenz ist noch etwas anderes als das, denn sonst könnten wir nicht von Oben drauf schauen und das können wir, sowohl auf das, was wir Persönlichkeit nennen, als auch auf unseren Verstand und Gefühle. Das ist nicht neu und von jedem selbst beobachtbar, aber ich finde es nach wie vor unglaublich, unfassbar.

Verschiedenes und vom Meer



Verschiedene Wege
Sie sagen: Da entlang und du kommst an. Sie schreien: Komm zurück, nun ist´s genug!
Jedes Wort hat seine eigene Absicht.

Genug der Stimmen – außen, innen und immer nur Worte, die nicht die Sprache deiner Seele kennen.

Ich sage*: Klage Adamssohn! Komm -und  heul den Mond an. Finde den Ton, der dich trifft – so tief – und du vergisst – alles um dich herum. Weine, denn du hast dich verloren und nun fühle den Verlust! Und wie könntest du im Angesicht dessen (wirklich) fröhlich sein?

Er sagt*: Schau mich an! Sieh mich – richtig! Nichts als diesen Augen-blick! Und ich werde böse sein, wenn etwas anderes dabei ist, als deine Augen. Wenn ich in ihnen Fragen erkenne, ob das richtig ist, ob ich dich mag oder was danach geschehen wird.

Sie sagt*: Komm! Küss mich! Berühre mich! Begehre mich! Fühle, wie warm ich bin und weich ist meine Haut. Bewundere meine Schönheit. Ich sehe es (eh) in deine Augen, dein Verlangen und ich höre es an deinem Stöhnen. Nie werde ich dir ganz gehören. Immer nur, wirst du mich begehren!

*um das Wort zu überwinden
*um das Denken fernzuhalten
*um die Sehnsucht frei zu legen

Sackgasse

Nun vermessen wir, seit gefühlten tausend Jahren das Universum und haben Millionen von Zahlen zusammen getragen. Auf ihnen haben wir stolzen Kindern gleich, die auf ihr erstes Tuschebild ihren Namen kritzeln, Erkenntnis geschrieben. Aber eigentlich wissen wir, dass dies nur Zeugnis unseres eigenes Wahnsinns ist.

Und in Wahrheit* sind wir müde von unsere Fragen, auf die es in in Worten keine Antworten gibt, so sehr wir uns auch bemühen. Aber wir können es uns noch nicht eingestehen, dass wir in einer Sackgasse stecken und glaubten wir an Gott, dann würden wir hadern mit ihm. Du hast das in uns gelegt! Fragen, auf die es keine Antworten gibt und ein Verstand der niemals mehr die Klappe hält. Grund aller Gründe, hast uns sogar noch aufgefordert, die Welt zu erkennen – um dich zu sehen! Wahrheit! Ha! Die Wahrheit ist, dass es in Wahrheit keine Wahrheit gibt! Ha! Belogen hast du uns, ganz fies!!

Wir würden, wenn wir glaubten. Aber wir glauben nicht, wir nennen es wissen und schimpfen die, die sich noch trauen „Gott“ zu sagen, zurückgeblieben – wir haben dem Namen etwas peinliches gegeben.

Verwirrter Mensch. Du hast es übertrieben. Du hast Gut und Böse so oft verdreht, auf den Kopf gestellt in deiner kleinkarierten Welt. Nun bist du ganz und gar gefangen, verheddert in deinen eigenen Gedanken und dein Verstand hat längst den Thron bestiegen – du hast ihn selbst zum Gott gemacht, als du anfingst ihn nicht mehr nur als eines deiner Werkzeuge zu sehen, die in dir liegen.
So klage dich selbst an, denn du allein hast entschieden.

*Wahnsinn und Wahrheit teilen sich ein Wah und ein halbes i. Bringt uns das jetzt irgendwie weiter?

Erinnerung an das Meer



Ich stand am Meer und der Sand kitzelte meine Füße und pikste. Verstummt vor Ehrfurcht vor seiner Größe, schrumpfte mein Ich und wurde ganz klein, bis ich es kaum mehr spürte und wurde selbst ans Meer gebunden. Wenn es kam, dann war ich da und wenn es ging, dann ging ich mit.

Meine Füße spürten sein kaltes Wasser, längst stand ich bis zu den Waden in den Wellen, vollkommen hypnotisiert. In diesem Augenblick wusste ich nicht mehr, wie mein Name war und wollte ihn auch gar nicht wissen. Meine Wünsche waren schon mit der ersten Ebbe davon gespült.

Und die Einsamkeit überkam mich, so plötzlich und heftig, dass sich in meine Überwältigung noch Zweifel mischte, ob das wirklich meine oder nicht die des Meeres war.  Der Sand bewegte sich, der Boden wurde weggezogen. Meine Füße gaben es auf, nach Halt zu suchen, und mein Herz zog und ziepte fürchterlich. Ein anderes Ich als das gewohnte, suchte Hilfe beim Meer und wirklich – es sprach zu mir und ich konnte verstehen.*

Und was es sagte, tat mir zuerst noch mehr weh, quälte mich, machte mich wahnsinnig traurig und dann als ich mich an den Schmerz gewöhnt hatte, den der erzeugt der ehrlich ist, da sah ich es ganz sacht lächeln. Und wenn der Schmerz mich nicht sensibel gemacht hätte, dann hätte ich es niemals gesehen, aber ich entdeckte das Lächeln und ein unbeschreibliches Gefühl der Freude explodierte in mir. Ich lachte und weinte und spritze das Wasser gen Himmel, damit es auch etwas davon abbekäme.
Und ich wollte allen Menschen das Meer zeigen: Kommt, kommt, es kann unsere Wunden heilen, es weiß noch, wer wir eigentlich sind! Und das war der Abschied.

Meine Kinder winkten von weitem.

*weil ich meinen Namen vergessen hatte.