Von Unabhängigkeitserklärungen
Dieser Augenblick, in dem die rational erkannten Dinge die Gefühlsebene erreichen und sich in einer befreiender, orgasmusartiger Erleichterung in einem ausbreitet. Wenn ich nur wüsste, wie ich diesen Vorgang beschleunigen könnte. [Ist diese quälende, unüberwindlich scheinende Dissonanz zwischen Verstand und Gefühl ein typisch weibliches Problem? Ein menschliches..?]
Nie wieder, sage ich mir. Nie wieder und weiß doch, ich werde es wieder tun. Das Scheinen einer Seele in ein Foto sperren und ein paar Sätze mit allem möglichen füllen. Nie wieder, sagt man, nachdem man etwas durchschaut.
Es wird jemand erscheinen, in ein anderes Gewandt gekleidet, anders und doch so gleich, weil das was man da tut, doch wieder das gleiche ist. Man legt seine ganze Existenz in die Hände dieses anderen und gibt ihm Macht von der er weder Ahnung hat, noch zu träumen vermag.
Die Klarheit des Verstandes ist dabei nicht außer Kraft gesetzt,
im Gegenteil, er moniert unermüdlich den Widerspruch, den Wahnsinn, die Unsinnigkeit, wird zu einem ungeliebten Propheten, von dem man weiß, er hat eigentlich recht, aber man will ihn nicht hören, kann nicht, denn man ist zu beschäftigt, festzuhalten am dem Gefühl der eigenen Bedürftigkeit, die man so lange weggesperrt hat, dass man sie nicht mehr finden konnte, nun ist sie wieder da und mit ihr, der Wunsch nach Erlösung.
Das Loslassen steht zutiefst im Widerspruch zu unserer menschlichen Natur. Gerade deshalb liegt in ihm das Potenzial zu erwachsen, seine eigene Unabhängigkeitserklärung zu schreiben.
Manche lassen Luftballons steigen. Das hat mir noch nie geholfen (ehrlich gesagt, habe es auch noch nie probiert, weiß aber, dass es mir nicht helfen würde.) Ich lasse los, wenn dass Scheinen der Seele durch den Körper verblasst; übrig bleibt irgendwann die reine Hülle und eine schwache Erinnerung an die Besonderheit des Augenblickes, wo beides noch zusammen gehörte.
Die Sehnsucht ist die Droge, nicht die Sucht.